„Eigentlich ganz normal – und dann wiederum auch nicht.“

 Immer wieder fragen uns Leute, wie es denn so ist ein Leben mit Helena, einem Kind, dass das Rett Syndrom hat bzw. wie wir den Alltag als Familie gestalten

Ich (Mama Edith) antworte meist „, dass es an manchen Tagen eigentlich ganz normal ist. Jede Familie, ob mit einem Kind mit oder ohne Behinderung, hat seine Herausforderungen. Unser Alltag ist eines Tages normal für uns geworden. Dann jedoch an anderen Tagen, kann man es sich nicht vorstellen. Man unterliegt einer Achterbahn der Gefühle, fühlt sich in einer Art Hamsterrad gefangen und macht sich ständig Sorgen – um alle und alles. In dieser Phase sind wir Eltern stark belastet und sehr verletzlich. Wir fühlen uns immer wieder mit einer Fülle von Anforderungen und Aufgaben konfrontiert.“  
 
Ich denke ein Leben mit einem Kind mit Behinderung wird oft zum Prüfstein seiner eigenen Werte und seiner Lebensanschauung. Wenn der „scheinbare normale Lauf des Lebens“ ins Wanken gerät, ist es oft Zeit, seine Werte und seine Sicht der Dinge zu überprüfen und sich neu anzupassen. Es ist eine Herausforderung, sich der Vielfalt des Lebens und dem „Anderssein“ zu stellen. Damit fertig zu werden, dass eines Tages, wir nicht für unsere Rett-Engel mehr zur Verfügung stehen werden. Sie aber weiterhin auf Hilfe angewiesen sein werden. Wir stellen mehr und mehr unsere Leistungsgesellschaft in Frage, müssen unsere Geduld jedes Mal neuformieren und lernen Tag für Tag „Normen“ loszulassen.  

Aber ganz egal, was uns das Leben mit Helena noch an Überraschungen bereithält, es ist immer und in jedem Moment mit so viel Liebe gefüllt, wertvoll und lebenswert.  

Wir alle wissen, dass unsere Kinder manche Dinge langsamer lernen, manche Dinge sogar eventuell gar nicht lernen. Dafür andere Dinge, die zuerst für unser Auge nicht sichtbar sind, umso vieles besser können als wir. Niemand wie Helena, kann so unkompliziert und authentisch im Moment sein, schwingt sich in Personen und Situationen ein, lächelt sie an und gibt ihnen ein Bussi, wippt bzw. tanzt zur Musik, sodass man in den Gesichtern der Personen merkt, dass sich ihr Herzensbarometer auf einmal ganz nach oben bewegt.  

Wir haben auch das große Glück, dass Helena mit Geschwistern (Bruder Alessandro 14 Jahre alt, und zwei Halbbrüder Jakob 18 Jahre alt, Raphael 25 Jahre alt) aufwächst. Wir haben von Anfang an, Wert daraufgelegt, größtmögliche Normalität zu leben und versucht alle Aktivitäten mit ihr zu machen was uns möglich war. Sie erlebt dadurch Tag für Tag ein wenig Normalität und Integration. Aus unserer Sicht ein unschätzbares Geschenk! Unser größter Wunsch – „sie und ihre Brüder glücklich zu sehen“. 

Wenn Helena (9 Jahre alt) reden könnte, würde sie laut schreien in mir ist es laut, bunt und wunderbar. 

Der Umgang mit Therapien und ein Einblick zur TheraSuit Methode 

Zu Beginn haben wir oft über das Ziel hinausgeschossen und gedacht, dass wir durch mehrere, gleichzeitig stattfindende Therapien, die Defizite, die durch das Rett Syndrom entstehen, zumindest teilweise, kompensieren können. Mit der Zeit verstanden wir, dass dies Stress verursacht, nicht nur bei ihr, sondern auch bei uns und niemandem hilft. Wir haben einiges probiert und uns auf ein paar wenige Therapien nun fokussiert.   

Seit 2 Jahren, haben wir nun sehr gute Erfolge durch die TheraSuit Methode erzielt. Zwei Mal im Jahr macht nun Helena, eine Intensiv-Therapie von jeweils 3 Wochen (4h pro Tag) am Bisamberg bei Wien. In diesen vier Stunden, wird Helena individuell von ihrem Physiotherapeuten betreut.  
 
Das Therapieprogramm wird je nach den Bedürfnissen individuell zusammengestellt. In Helenas Fall, waren in den vier Stunden folgendes inkludiert: 

  • Massage und Dehnungsübungen, um ihre Gelenke und Muskeln zu lockern bzw. vorzubereiten 
  • das Haupttherapieprogramm mit dem TheraSuit Anzug: mit dem Ziel ihre Muskeln aufzubauen und die Propriozeptoren zu verbessern 
  • die VRT – Vestibuläre Rehabilitation Therapie – ein Rotationsstuhl der spezifische Kopf-, Körper- und Augenübungen inkludiert mit dem Ziel den Muskeltonus zu regulieren und  
    das Gleichgewicht zu verbessern.  
  • Muskelentspannung durch Moorpackungen 

Was ist TheraSuit eigentlich? 
Die Methode wurde entwickelt, um die Reaktionen des zentralen Nervensystems zu beeinflussen, um die Stabilität des Körpers zu verbessern, den Muskeltonus zu normalisieren und die Tiefenwahrnehmung zu fördern bzw. den gesamten Bewegungsapparat zu unterstützen.  
 
Das Krankheitsbild vieler Störungen im Bereich des Zentralnervensystems besteht nämlich in einer Unausgeglichenheit des Spannungszustandes bestimmter Muskeln (Hypotonie / Hypertonie) und einer gestörten Eigenwahrnehmung (Propriozeption). Es erfolgt dadurch ein ständig schlechtes und schwaches propriozeptives Feedback an das Gehirn.  

Durch den TheraSuit Anzug (ein weicher, proprio rezeptiver Stützanzug) wird ermöglicht, die Qualität und Richtung der Bewegungen eines Patienten zu korrigieren, sowohl bei statischen Haltungen wie auch während der Bewegung. Ziel ist es, die tiefen Propriozeptoren durch Druck auf Gelenke, Ligamente und Muskeln, die Eigenempfindung des Körpers zu verbessern und so zu verändern.  
 
Helenas Fortschritte waren durch eine Verbesserung ihrer Wirbelsäule (sie hat eine leichte Skoliose) und eine längere Ausdauer beim Gehen sichtbar. Vor allem aber, hatte sie Freude an der Bewegung und dass sie mehr Selbstsicherheit, Autonomie beim Gehen erlangte.  

Kosten: ~ € 3000 für 3 Wochen 
Kostenrückerstattung durch die ÖGK: ~ insgesamt € 900 
Nähere Infos unter: www.therasuit.at 

Leider wird diese Therapie nicht durch die ÖGK vollfinanziert. Man bekommt nur einen gewissen Betrag zurückerstattet für die neurophysiologischen Behandlungen. Das Spendenportal: www.dankdir.at unterstützt bzw. finanziert sehr gerne das Programm. 

Edith Friedlmayer mit Helena (2021)

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